Der ostelbische Adel in der Bundesrepublik Deutschland 1945/49-circa 1974 : Vorstellung eines Promotionsprojekts
Das Dissertationsprojekt behandelt Mentalität und Habitus bzw. Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster des ostelbischen Adels in der Bundesrepublik Deutschland von 1945/49 bis ca. 1974. Es fragt danach, was nach dem Zusammenbruch von 1945 Adel und Adeligkeit für den ostelbischen Adel bedeuteten. Nachdem er durch Flucht, Vertreibung und Enteignung sowohl seine Heimat als auch seine sozioökonomischen und soziokulturellen Lebensgrundlagen verloren hatte, sah er sich gezwungen, seine adelige Existenz neu zu definieren. In zwei Schritten untersucht die sozial- und kulturgeschichtliche Arbeit, inwiefern sich der ostelbische Adel nach wie vor als eigenständige Sozialformation auszeichnete. Zunächst wird nach seinem Selbstverständnis und Weltbild gefragt, um so zentrale Selbstzuschreibungen von Adel nachzeichnen zu können. Anschließend wird seine Selbstwahrnehmung mit seinem sozialen und kulturellen Handeln verglichen. Auf diese Weise soll nach Kongruenzen und Diskrepanzen zwischen Selbstverständnis und Praxis gefragt werden. Dabei wird der Adel aber nicht allein um des Adels willen behandelt. Vielmehr ist es das Ziel des Dissertationsprojekts, mit dem Adel als Sonde Form- und Strukturprinzipien der westdeutschen Gesellschaft von 1945/49 bis etwa 1974 zu untersuchen. Sie fragt danach, wie es die Bundesrepublik einer ehemals traditionalen Sozialformation ermöglichte, bis in die ›Postmoderne‹ zu überdauern. Als vorläufiges Fazit der Arbeit kann festgehalten werden, dass sich der ostelbische Adel nach dem Verlust seiner sozioökonomischen und soziokulturellen Distinktionsmöglichkeiten nur noch in den ›ständischen‹ und familialen Bereichen seines Privatlebens als Adel entfalten konnte.